Geschäftsveräußerung im Ganzen beim Verkauf von Ferienwohnungen

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 05.06.2014, V R 10/13, Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung beim Wohnungsverkauf

Praxisproblem

Wird ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren seit Beginn der Verwendung veräußert und ändern sich dadurch die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15a Abs. 10 Sätze 1 und 2 UStG vorzunehmen.

Sachverhalt

Die Klägerin kaufte im Jahre 2003 steuerpflichtig eine Wohnung, welche sie im Folgenden steuerpflichtig unter Zuhilfenahme eines Vermittlers vermietete. Die Vermietung erfolgte an ständig wechselnde Feriengäste. Im Jahr 2007 (Streitjahr) veräußerte die Klägerin die Wohnung – die ohne Möbel, jedoch mit einer Einbauküche übergeben wurde – an einen Erwerber, wobei Regelungen hinsichtlich etwaiger umsatzsteuerlicher Folgen nicht in den Kaufvertrag aufgenommen wurden. Im Lieferungszeitpunkt stand die Ferienwohnung gerade leer. Der Erwerber wandte sich mit der Suche nach (neuen) Mietern an denselben Vermittler, den bereits die Klägerin beauftragt hatte. Das Finanzamt beurteilte die Veräußerung als steuerfreie Grundstückslieferung, sodass – auf Basis dieser Auffassung – eine Berichtigung des im Jahre 2003 in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu erfolgen habe. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Danach läge eine Geschäftsveräußerung vor, sodass eine Vorsteuerberichtigung nicht vorzunehmen sei (FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.10.2012, 5 K 5319/11).

Entscheidung

Die Revision ist erfolglos. Das Finanzgericht hat im Streitfall zutreffend eine Geschäftsveräußerung angenommen. Eine Vorsteuerberichtigung ist demnach nicht vorzunehmen. Der BFH entschied, dass die Übertragung eines unvermieteten Grundstücks nicht zur Übertragung eines Unternehmerteils führe, mit dem sodann eine selbstständige Tätigkeit fortgeführt werden könne. Ein solcher Vorgang stelle eine Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstandes dar. Fehle es an weiteren Faktoren, wie bspw. einem bestehenden Mietverhältnis für eine Ferienwohnung oder einer Verpachtung eines Grundstücks, so liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH keine Geschäftsveräußerung vor (hierzu vgl. u.a. BFH, Urt. v. 06.05.2010, V R 25/09, BFH/NV 2010, 1873).

Bei Veräußerungen im Immobilienbereich sei jedoch entscheidend auf die Verhältnisse vor und nach der Lieferung abzustellen. So führe eine Grundstücksveräußerung mit Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstück grundsätzlich zu einer Veräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, da durch den mit dem Erwerb verbundenen Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Damit ist eine solche Veräußerung regelmäßig, soweit kein Mietvertrag übergeht, keine Geschäftsveräußerung.

Zwar habe, so führt der BFH aus, die Lieferung der Ferienwohnung nicht zu einem unmittelbaren Übergang des Mietverhältnisses geführt. Jedoch komme diesem Umstand bei der sich stellenden Frage, ob die Lieferung einer zur Vermietung bestimmten Ferienwohnung zu einer Geschäftsveräußerung führt, eine geringere Bedeutung zu als in anderen Fällen. So kann die Veräußerung einer leer stehenden Ferienwohnung eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung darstellen. Insoweit müsse vor allem berücksichtigt werden, dass der Vermietung von Ferienwohnungen die Besonderheit zugrunde liegt, dass diese gerade nicht zur langfristigen, sondern zur wiederholten Vermietung für kurzfristige Zeiträume bestimmt sind. Aus diesem Grund dürfe nicht automatisch aus einem vorübergehenden Leerstand – im Lieferungszeitraum – auf eine Unterbrechung oder sogar Beendigung ausgegangen werden. Würde ausschließlich auf eine Vermietung im Zeitpunkt der Lieferung abgestellt werden, so wären Zufallsergebnisse die Folge. Im Übrigen konnte im Streitfall für die Annahme einer Geschäftsveräußerung berücksichtigt werden, dass auch der Erwerber denselben Vermittler für die folgenden Abschlüsse von Mietverträgen mit zukünftigen Feriengästen beauftragte.

Praxishinweis

Die Veräußerung einer Immobilie ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 9a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die führt – sofern der Erwerb oder die Herstellung mit Vorsteuerabzug erfolgte – zu einer Vorsteuerkorrektur unter den Voraussetzungen des § 15a UStG. Anders ist dies, wenn eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.

Wird eine Veräußerung einer Immobilie als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG beurteilt, hat dies eine unmittelbare Auswirkung auf eventuelle Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG. So tritt der Erwerber in die Rechtsposition des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG) und der Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 10 UStG, welcher von dem Veräußerer ausgelöst wurde, läuft für den Erwerber weiter. Folglich müsste bei einer geänderten Verwendung der erworbenen Immobilie der Vorsteuerabzug vom Erwerber korrigiert werden.

Durch das Urteil wird die rechtliche Beurteilung für die Veräußerung einer Ferienwohnung als Geschäftsveräußerung im Ganzen rechtsicherer. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen bei einer Ferienwohnung auch dann auszugehen, wenn kein bestehender Mietvertrag mitübergeben wird. Es komme bei diesem besonderen Fall der Veräußerung darauf an, dass der Erwerber ebenfalls die Absicht besitze, die Ferienwohnung als solche weiter zu vermieten.

Gerade Zweifel in der rechtlichen Beurteilung einer Veräußerung als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG oder als steuerbaren Umsatz führen vor allem in der Position des Erwerbers zu unkalkulierbaren Folgerisiken und sind daher gründlich zu prüfen.

Wichtig ist daher den Unsicherheiten durch entsprechende Steuerklauseln zu begegnen und rechtzeitig fachlichen Rat bei der Planung der Immobilientransaktion einzuholen.